sommerregen (mit podcast!)
das triste grau des winters schlägt sich auf mein befinden. ich bin unzufrieden. möchte mich wieder lebendig fühlen. möchte mich wieder spüren. möchte erkennen können, dass ich tatsächlich ich bin. immer noch ich bin.
ein blick aus dem fenster. es ist dunkel. immer dunkel. und wenn es gerade mal nicht dunkel ist, dann dämmert es oder es ist neblig.
ich lasse mich auf den fußboden fallen und bleibe bewegungslos liegen, starre an die decke meiner altbauwohnung, die immer näher zu kommen scheint, die mich zu erdrücken sucht. ich schließe die augen und weine lautlos. tränen laufen in meine ohren, sammeln sich dort und laufen dann weiter in den kragen meines hemdes. mein atem wird immer ruhiger. mein herzschlag immer langsamer. ich nehme nur noch mich selbst wahr. ohne den ballast der kleidung, ohne den ballast des körpers. ich bin mit mir.
ich bin mit mir und sehe mich einem garten stehend. es ist sommer, hat gerade geregnet, nun scheint die sonne wieder. das wasser dampft auf den warmen waschbetonplatten, die einen weg zwischen den obstbäumen zeichnen. die vögel zwitschern von den bäumen, die die letzten wassertropfen von ihren blättern schütteln. die bienen und hummeln, die in blüten während des regens unterschlupf suchten, getrauen sich wieder zu fliegen und die luft mit gesumme zu erfüllen. die schnecken kriechen durch das nasse gras und über die waschbetonplatten.
und ich fühle mich frei, strecke die arme gen himmel, lege den kopf in den nacken, lasse mir die sonne ins regennasse gesicht scheinen und fühle mich frei. unglaublich frei. ich sauge die frischgewaschene sommerluft in tiefen zügen in meine lunge und spüre das leben in mir. ich fühle den aufgeweichten boden unter meinen nackten füßen, spüre grashalme an meinen fußrücken und an meinen knöcheln kitzeln. ich öffne die augen, sehe das gleißende licht, das ich bislang tiefrot durch meine lider wahrgenommen hatte, lasse es mit den satten sommerfarben verschmelzen. ich versuche, meine eindrücke in mich zu inhalieren, keinen einzigen außer acht zu lassen. ich möchte mehr. möchte alles haben. möchte alles fühlen. möchte alles sein. ich strecke meine arme weit vom körper ab, um der lauen sommerbrise die größtmögliche angriffsfläche bieten zu können. ich hebe vorsichtig mein rechtes bein an und setze meinen fuß langsam wieder auf den boden zurück. nehme dabei wahr, wie sich der weiche untergrund meiner sohle anpasst und genieße das gefühl der kühlen, feuchten erde. und ich bin.
es gibt kein halten mehr. vom gefühl des lebens überwältigt laufe ich über die waschbetonplatten, laufe ich durch die wiese.
knacks. knacks.
knacks.
knacks. knacks.
knacks. knacks.
knacks.
knacks.
knacks. knacks.
HumanaryStew - 1. Apr, 23:33
Weitere Texte dieser Art gibts hier: Wie gesponnen so zerronnen
33 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
la fille rousse - 2. Apr, 09:55
sind das die knochen?
la fille rousse - 3. Apr, 09:37
dann müssen's wohl die knochen sein. (die eigenen oder die deiner opfer?)
AiHua - 2. Apr, 14:07
Tränenflüssigkeit in den Ohren ist wirklich total eklig, schlimmer als tristes Wetter mit trister Stimmung.
derbaron - 2. Apr, 14:44
Ich entdecke Frühmorgens im Büro sitzend manchmal Rasierschaum in meinen Ohren.
AiHua - 2. Apr, 15:31
Und ich entdecke gerade, dass ich auch keinen Rasierschaum in meinen Ohren haben will. Ich bin also ganz froh, dass ich bisher vom Rasieren absehen konnte. Hoffe das bleibt auch so.
AiHua - 3. Apr, 11:11
Ich glaube es knackt nur im Ohr. Ich meine, wenn er sich da direkt rein braust...
HumanaryStew - 3. Apr, 22:36
trick 17: rasierschaum ganz einfach nicht ins ohr schmieren. wenn dort was wächst, kann mans mit dem rasierer sowieso nicht erwischen...
derbaron - 4. Apr, 12:03
Eh. Gegen die Gewächse IM Ohr hilft nur Haarentfernungscreme und Wattestäbchen.
HumanaryStew - 5. Apr, 10:40
das ist doch was für mädchen. echte männer machen das mit einer drahtspirale und heißwachs. so wie bei den nasenhaaren.
chili (Gast) - 2. Apr, 15:12
humane wege aus der depression,
rezeptfrei
rezeptfrei
HumanaryStew - 3. Apr, 06:37
rezeptfrei ja, gratis nein. meine kontonummer gibts auf anfrage! ;)
david ramirer - 3. Apr, 11:43
da vor meinem geistigen auge nur etliche nacktschnecken durch das gras und über die waschbetonplatten krochen, erschloss sich mir die pointe des textes erst nach kurzem innehalten.
toll gelesen übrigens.
mehr her!
toll gelesen übrigens.
mehr her!
derbaron - 3. Apr, 11:56
Vielleicht können wir den Herrn Humanarystew bitten, als alternativen Schluss noch die Variante mit den Nacktschnecken zum besten zu geben? Ich denke, das könnte - insbesondere per Podcast - sehr fluschig tönen.
david ramirer - 3. Apr, 12:12
könnte ein wenig auch an grand theft auto III-soundeffekte erinnern, wenn mit dem auto über ahnungslose passanten gefahren wird...
(nostalgisch)
:-))
(nostalgisch)
:-))
HumanaryStew - 3. Apr, 23:23
1) an nacktschnecken hatte ich seit dem zeitpunkt des schreibens gar nicht mehr gedacht. die waren ganz aus meinem kopf verschwunden!
2) es kommt sicherlich mehr. ihr könnt euch ja auch was bestehendes aussuchen. vielleicht kann ichs vertonen.
3) grand theft auto... daran erkennt man bedinungslose pazifisten... ;)
2) es kommt sicherlich mehr. ihr könnt euch ja auch was bestehendes aussuchen. vielleicht kann ichs vertonen.
3) grand theft auto... daran erkennt man bedinungslose pazifisten... ;)
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