Mittwoch, 4. Juli 2007

Angemessene Kleidung

Da man im Restaurant meines Hotels so großen Wert auf Erscheinen in angemessener Kleidung legt, dass das sogar mit Aushang eines Plakates in sieben verschiedenen Sprache kundgetan wird, versuchte ich, als typischer Mitdemstromschwimmer, mich bestmöglich aus dem Ei zu pellen und in Schale zu werfen.

Schwarze Hose - nicht zu haute couture, aber auch nicht zu leger - schwarzer Ledergürtel mit silberner Schnalle, schwarze Socken, fast ohne Löcher, weißes Kurzarmhemd mit dezenten güldenen Längsstreifen, frisch gekämmte und gestylte Haare, geputzte Zähne und schwarze Bama - Schuhe wie barfuß (Danke an den großzügigen Sponsor!). Derart gepimpt ging ich natürlich nicht in das Restaurant. Nein, ich erschien dort, einer Lichtgestalt gleich, um der Lokalität den Stil zu offenbaren.

Erst angesichts der Anwesenden wurde ich dessen gewahr, dass bereits ein Stil dort Einzug gehalten hatte. Ein Stil, der Mooshammer dazu getrieben hätte, an den Jungenstrich zu fahren und dort zu fragen: "Wer von euch möchte mich auf dem Gewissen haben? Ich wär jetzt so weit. Und die Daisy auch. Gö, Daisy? Ja."
Ausgewaschene T-Shirts, viel zu enge und viel zu kurze Hosen und - und daran waren die Deutschen Urlauber eindeutig zu identifizieren - Sandalen mit weißen Socken darunter. Ein Mode-Gomorrha.
Dennoch verlor ich nicht die Nerven, begann ich nicht, hysterisch an meiner Kleidung zu reißen und sie mit den Leckereien des Buffets zu beschmieren. Nein, ich machte gute Mine zum bösen Spiel und setzte mich mit dem Vorhaben, mich einmal quer durch das Angebot zu fressen.

Über das Salatbuffet sollte ich aber nicht hinauskommen. Denn just in dem Moment, in dem ich gierig versuchte eine ganze Tomate in meinen Mund zu stopfen, betrat eine Slowenin den Raum und gedachte, direkt am Tisch gegenüber von mir Platz zu nehmen. Sie war um die 60, mit kurzem weißem Haar, viel zu engen, viel zu kurzen Hosen in blasslila und war - nun, sagen wir mal - recht überproportional proportioniert. Und dann... sie wissen ja, wie das bei Autounfällen ist. Man möchte nicht hinsehen, gibt hiefür Pietätsgründe an, findets in Wahrheit aber einfach nur zu grausig, aber man muss einfach gucken... Und so war es auch bei dieser Dame. Sie trug ein weißes Oberteil, das aussah, als wäre es aus Fliegengitter selbst gefertigt. Auch der Sichtschutzfaktor war jenem des Ungezieferabweisers sehr ähnlich. Und sie trug nichts darunter.
So gewährte sie dem gesamten speisenden Auditorium ausgiebige Blicke auf ihre Brüste, die so unterschiedlich tief hingen, dass man annehmen möchte, Straffungen würden neuerdings in zwei voneinander unabhängigen Schritten, nämlich erst rechts, dann links, vorgenommen.

Zur nächsten Mahlzeit erschien es mir daher angebracht, in Sandalen mit weißen Socken, ansonsten aber unbekleidet zu erscheinen, was auch niemanden störte und somit wohl als angemessene Kleidung gewertet werden kann.

Weitere Texte dieser Art gibts hier: Urlaubsalbum

Der Urlaubsflirt

Unsere Blicke trafen sich mehrmals täglich. Im Pool, im Restaurant, in der Lobby Bar, im Wellnessbereich. Und jedes Mal wurden sie feuriger. Das anfängliche wohlwollende Zunicken verwandelte sich alsbald in ein lasziv-lüsternes Lächeln. Wir fühlten uns zueinander hingezogen. Wir tauschten sowohl die Telefon-, als auch die Zimmernummern. Mir gefiel der bundesdeutsche Dialekt ebenso, wie meine verzweifelten Bemühungen Hochdeutsch zu sprechen auf der Gegenseite Anklang fanden.

Am Abend des vorletzten Urlaubstages klopfte es an meine Zimmertüre. Voller Freude, Erwartung und Begierde öffnete ich sie. Davon stand mein Urlaubsflirt. Mir wurde heiß und kalt, das Blut raste mit dreifacher Geschwindigkeit durch meine Adern.

Kurz bevor es zur Sache ging kam es jedoch zu diesem folgenschweren Zwiegespräch:

"Du, sorry! Das mit uns kann nicht funktionieren - ich bin nämlich hetero."
"Macht nix, Klaus-Kevin. Ich ja auch..."

Ich nehme an, wir werden nie wieder von einander hören.

Weitere Texte dieser Art gibts hier: Urlaubsalbum

Barrierefreie Hindernisse

Ungarn. Das Land der Sonne und der Morgenröte. Ungarn. Das Land der Äcker und der Seen. Ungarn. Das Land der Hämmer und der Sicheln. Ungarn. Das Land, das in Zeiten der Monarchie die Nennung an erster Stelle verdient gehabt hätte. Ungarn. Das Land der Gegensätze, also der schönen Einheimischen und der hässlichen Urlauber.
Ungarn. Das Land mit dem, im Wellness-Hotel in der Nähe des Plattensees urlaubenden Mir. Und dann war da noch sie - eine Ungarin auf Sommerfrische.

Engelsgleich glitt sie durch das wohl temperierte Wasser. Durch das Wasser, das wohl voller Neid auf das wunderschöne tiefblau Ihrer Augen ihr höchst missgünstig gestimmt gewesen wäre. Ihr wohlgeformter Körper, nur spärlich bedeckt von ein paar Quadratzentimetern Stoff, die so perfekt saßen, als wären sie aufgemalt gewesen. Ihre Stimme so weich und warm, wie ein sanfter Sommerwind, der durch Wattewölkchen säuselt. Sie hatte wirklich alles, was eine Traumfrau ausmachte. Und von manchem sogar zwei.

Wir konnten uns nicht verständigen. Sie sprach nicht meine Sprache und ich nicht die ihre. Auch war sie eher der Ferrari-Typ, während ich meinen VW Kombi, der fast schon eine viertel Million Kilometer auf dem Motor hat, über die Straßen quäle. Überdies verbrachte sie diesen Urlaub in ebenfalls attraktiver männlicher Begleitung.

Doch all das stellte kein Hindernis für sie dar. Diese Frau war nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich ein Traum von einem Menschen. So riss sie völlig selbstlos sämtliche Hürden, die kulturellen, die sprachlichen und die Standesunterschiede nieder und vollbrachte das Undenkbare. Sie schaffte es fast ohne Anstrengung alles, was zwischen uns stand, nichtig zu machen.

Denn: sie würdigte mich ganz einfach keines einzigen Blickes.

Weitere Texte dieser Art gibts hier: Urlaubsalbum

Irrer ist männlich

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